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Erstellt am 22.11.2023

Proof-of-Work und Proof-of-Stake im Vergleich

Konsensmechanismen, wie Proof-of-Work (PoW) und Proof-of-Stake (PoS), sind das Herzstück einer jeder öffentlichen Blockchain. Um die Blockchain-Technologie besser zu verstehen, ist es sinnvoll, sich mit ihnen vertiefter auseinanderzusetzen. In diesem Artikel beleuchten wir die Gemeinsamkeiten, Unterschiede sowie die Vor- und Nachteile dieser bedeutenden Konsensmechanismen.

Blockchains gehören zu den bahnbrechendsten Innovationen des vergangenen Jahrzehnts. Dabei ist eine Blockchain im Grunde genommen einfach eine Datenbank, die das Speichern von Information erlaubt. Im Kontext einer Blockchain handelt es sich bei dieser Information insbesondere um die Daten von Blockchain-Transaktionen. Im Gegensatz zu gewöhnlichen Datenbanken werden die relevanten Transaktionsdaten aber nicht von wenigen Entitäten oder einer einzigen Kontrollinstanz ausgewählt und zentral gespeichert.

Blockchains sind in ihrem Wesen dezentral. Folglich verfügen sie über eine Vielzahl von Netzwerkkonten – also Computer, die im Fachjargon Full Nodes heissen. Gemeinsame haben diese die Kontrolle über die Blockchain inne. In der Praxis bedeutet das, dass jede Full Node über eine Kopie der aktuellen Blockchain verfügt und daher alle Netzwerkteilnehmenden zu jedem Zeitpunkt genau wissen, wem welche Einheiten (also Kryptowährungen) dieser Blockchain gehören – es herrscht zu jeder Zeit Konsens über die auf einer Blockchain geschehenden Aktivitäten.

Wie aber kommt dieser gemeinsame Konsens zustande? Und wie lässt sich dieser fortlaufend aufrechterhalten? Hier kommt der sogenannte Konsensmechanismus ins Spiel, der jeder Blockchain eigen ist. Es handelt sich um eine entscheidende Komponente dieser Technologie und dient der Gewährleistung der Integrität und Sicherheit eines Blockchain-Netzwerkes.

Konsensmechanismen als Motor einer jeder Blockchain

Die spezifischen Konsensregeln einer Blockchain definieren ihren Konsensmechanismus, der gelegentlich auch als Konsensalgorithmus bezeichnet wird. Worüber aber stellt ein Konsensmechanismus einen Konsens her? Wie es der Name einer Blockchain vorwegnimmt, geschieht die Datenspeicherung bei dieser dezentralen Datenbank in «Blöcken», die in einer «Kette» kontinuierlich aneinandergereiht werden. Es ist diese in Blöcken aneinandergereihte Transaktionsdatenabfolge, worüber die Netzwerkknoten einer jeden Blockchain immerzu einen Konsens finden müssen.

Ein Konsensmechanismus bestimmt, welche Transaktionsdaten in Blöcken gesammelt und in welchen Zeitintervallen zur Blockchain hinzugefügt werden. Als Incentivierungsmechanismus  bewegt ein Konsensmechanismus die Netzwerkteilnehmenden einer Blockchain wie von unsichtbarer Hand und ohne zentrale Autorität dazu, nur gültige Transaktionen an die Blockchain anzuhängen. Dies deshalb, weil letztere weniger profitieren oder gar bestraft würden, wenn sie versuchten, ungültige Transaktionsdaten in der Blockchain unterzubringen. Konsensmechanismen sind also eigentlich Sicherheitsmechanismen und damit essenzieller Bestandteil einer jeden Blockchain.

Proof-of-Work (PoW) und Proof-of-Stake (PoS) erklärt

Mittlerweile gibt es viele verschiedene Konsensmechanismen. Zu den populärsten gehören «Proof-of-Work» (PoW) und «Proof-of-Stake» (PoS). Die Bitcoin-Blockchain beispielsweise setzt auf den PoW-Konsensmechanismus. Mit Ethereum basiert seit September 2022 die zweitgrösste Blockchain nach Marktkapitalisierung auf dem PoS-Konsensmechanismus. Zuvor lief auch Ethereum mittels Proof-of-Work.

In Prozentzahlen dominiert der PoW-Konsensmechanismus die Blockchain-Welt. Insgesamt 55,77% (Stand per Ende Oktober 2023) der gesamten Blockchain-Marktkapitalisierung basiert auf Proof-of-Work. Dies ist aber vor allem deshalb so, weil Bitcoin nach Marktkapitalisierung gemessen noch immer die mit Abstand grösste Blockchain ist. Neben Bitcoin beruhen andere bekannte Blockchains wie jene von Dogecoin, Litecoin, Bitcoin Cash, Monero oder Ethereum Classic ebenfalls auf diesem Konsensmechanismus.

Proof-of-Stake seinerseits macht 22,4% (Stand per Ende Oktober 2023) der Gesamtmarktkapitalisierung aus und findet sich vor allem bei sogenannten Smart-Contract-Blockchains. Neben Ethereum basieren hauptsächlich Blockchains der jüngeren Generation auf diesem Sicherheitsmechanismus. Dazu zählen zum Beispiel BNB Chain, Cardano, Polkadot oder Avalanche.

Proof-of-Work: Energie sichert die Blockchain

Bei einer PoW-Blockchain sind es die Miner, welche Blöcke an die Blockchain anbringen. Doch können sie dies nicht nach Belieben tun. Um als Miner einen Block an die Blockchain anheften zu können, gilt es, einen sogenannten Arbeitsnachweis (Proof-of-Work) zu erbringen. Nur derjenige Miner, welcher diesen auch erbringt, darf den nächsten Block an die Blockchain anhängen.

Worin aber besteht dieser Arbeitsnachweis und wie wird dieser von Minern erbracht? Der Arbeitsnachweis besteht darin, eine mathematische Zahl – auch Nonce genannt – zu finden. Um diese Zahl zu finden, müssen Miner Computerrechenleistung aufwenden. Diese wird mit Prozessoren erbracht, die für den fortdauernden Betrieb wiederum Strom in Anspruch nehmen. Je mehr Rechenleistung aufgewendet wird, desto grösser werden die Chancen, dass der entsprechender Miner die Zahl findet und folglich den neuen Block an die PoW-Blockchain anhängen darf.

Eine passende Analogie ist das Suchen einer Nadel im Heuhaufen. Wer die Nadel findet, darf den nächsten Block anhängen und kriegt die Blockbelohnung. Da der Arbeitsnachweis teil eines mathematischen-kryptografischen Prozesses ist, kann dessen Gültigkeit von den anderen Minern einfach überprüft werden.

Proof-of-Stake: Kapital sichert die Blockchain

Was bei Proof-of-Work die Miner sind, sind in einem PoS-System die Validatoren. Letztere müssen einen bestimmten Anteil der Blockchain-eigenen Kryptowährung halten und diese dem entsprechenden Blockchain-Protokoll anvertrauen. In der Fachsprache nennt sich das «Staken», weshalb der Begriff «Staker» gelegentlich synonym für Validatoren verwendet wird. Die gestakten Kryptowährungen werden durch das Blockchain-Protokoll gesperrt (locked) und nur nach einer Sperrfrist wieder freigegeben.

Bei Proof-of-Stake obliegt es den Validatoren, die Blöcke mit Transaktionen zu versehen und so die PoS-Blockchain aufrechtzuerhalten. Wer als Validator einen neuen Block an die Blockchain anhängen darf, wird durch einen deterministischen Algorithmus bestimmt. Letzterer berücksichtigt dabei mehrere Faktoren. So ist beispielsweise die Menge gestakter Coins relevant dafür, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Validator ausgewählt wird. Grundsätzlich gilt: Je höher der eigene Stake, desto grösser ist die Chance, Validator eines nächsten Blocks zu sein.

Die gestakte Menge ist jedoch nicht allein entscheidend. Wäre dies der Fall, würde dies zu einer Zentralisierung der Blockchain führen. Aus diesem Grund gibt es verschiedene Faktoren, die bei der Bestimmung auch noch ausschlaggebend sind. So beispielsweise die Zeitdauer, die ein Staker seine gestakten Coins bereits hält sowie die Aktivität und Performance des Stakers.

Die Grafik vergleicht Proof-of-Work (PoW) und Proof-of-Stake (PoS) hinsichtlich ihres Konsensmechanismus und Einsatzes. PoW basiert auf einem Rätsel, bei dem eine Zufallszahl erraten werden muss, dies erfordert viel Rechenleistung und damit auch viel Energie, während PoS auf einer lotterieartigen Auswahl beruht und mittels Kapitaleinsatz neue Blöcke validiert.
Quelle: Crypto Assets, DeFi, Tokenisierung, NFT und Metaverse, 1. Aufl., Zürich, SKV Verlag, 2023, S. 88

Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Konsensmechanismen

Gemeinsamkeiten

  • Sowohl PoS als auch PoW ist gemein, dass sie der dezentralen Konsensfindung innerhalb eines Blockchain-Netzwerkes dienen. Sie ermöglichen dezentral verteilten Netzwerkteilnehmenden, sich fortwährend auf die Aufnahme neuer Transaktionen in die Blockchain zu einigen.

  • Beide Mechanismen setzen auf Anreize, um die Teilnehmenden zu motivieren, ehrlich zu handeln und die Integrität des Netzwerks aufrechtzuerhalten.

  • Sowohl PoW als auch PoS sollen das Blockchain-Netzwerk vor Angriffen schützen, indem sie sicherstellen, dass die Mehrheit der Blockproduzenten (Miner bzw. Validatoren) ehrlich agiert.

  • In beiden Fällen erhalten die Miner oder Validatoren, die bei der Konsensbildung erfolgreich sind und Blöcke an die Blockchain anhängen, regelmässig Belohnungen. Diese erfolgen in Form von neu erstellter Kryptowährungseinheiten und Transaktionsgebühren.

  • In beiden Konsensmechanismen konkurrieren Miner oder Validatoren darum, Transaktionsblöcke an die Blockchain anzuhängen.

Unterschiede

  • Die Konsensmechanismen unterscheiden sich darin, welche «Ressource» für die Sicherung der Blockchain aufgewendet wird. Bei Proof-of-Work handelt es sich um Rechenleistung von Computern, die zwingend an den Stromverbrauch (Energie) gekoppelt ist. Beim PoS-Ansatz hingegen wird keine Energie für die Konsensfindung vorausgesetzt. An ihre Stelle tritt Kapital in Form der Blockchain-eigenen Kryptowährung.

  • In PoW-Netzwerken wie Bitcoin gilt eine Transaktion als abgeschlossen, wenn sie sechs aufeinander folgende Blöcke passiert hat. Diese Regel ist aber nur probabilistisch, da Blöcke theoretisch rückgängig gemacht werden können. Im Gegensatz dazu bieten PoS-Blockchains deterministische Finalität, da Validatoren in regelmässigen Abständen gemeinsam darüber entscheiden, welche Transaktionsdaten endgültig sind.

  • Der PoS-Konsensmechanismus sieht eine Bestrafung jener Validatoren vor, die falsche Blöcke validieren und so die Transaktionshistorie manipulieren. Dieser Vorgang nennt sich Slashing. Bei PoW-Blockchains gibt es keine direkte Bestrafung. Gelingt es einem Miner im Zuge eines Betrugsversuchs nicht, einen neuen Block an die Blockchain hinzuzufügen, trägt er jedoch die Opportunitätskosten in Form von Stromkosten für die aufgewendete Energie, die er nicht durch eine Blockbelohnung abgelten kann.

Vor- und Nachteile der beiden Konsensmechanismen

Seit sich die beiden Konsensmechanismen gegenüberstehen, herrscht eine anhaltende Debatte darüber, welcher der beiden überlegen ist. Dabei werden oftmals Aspekte wie Sicherheit, Energieeffizienz, Skalierbarkeit oder Robustheit und Zentralisierungstendenzen in einen Vergleich miteinbezogen.

Wie so oft ist ein eindeutiges Urteil allerdings schwierig zu fällen. So haben Proof-of-Work als auch Proof-of-Stake beide ihre Zielkonflikte und erfordern daher unterschiedliche Trade-Offs. Basierend auf dieser Grundannahme lassen sich die jeweils bedeutendsten Vor- und Nachteile beider Blockchain-Systeme wie folgt einordnen:

Energie- versus Sicherheitsdebatte

Bei Proof-of-Work ist es der Energieaufwand der Miner, welcher die Blockchain sichert. Proof-of-Stake erfordert vergleichsweise wesentlich weniger Energie, da es kein rechenintensives Mining gibt. Dieser Umstand mach PoS in den Augen vieler Blockchain-Enthusiasten umweltfreundlicher und nachhaltiger.

Während diese Behauptung auf den ersten Blick zu überzeugen scheint, kann diese durchaus kritisch beurteilt werden. So hat auch Proof-of-Stake seine Opportunitätskosten. Anstelle von Strom erfordernder Rechenleistung wird Kapital in Form des Blockchain-eigenen Coins gebunden, das nicht alternativ genutzt werden kann. Diesem Umstand wird mittels Liquid-Staking-Möglichkeiten entgegengewirkt, was allerdings die Komplexität des Gesamtsystems erhöht. Während die «Ver(sch)wendung» bei PoW von Strom und Hardware augenscheinlicher ist, ist jene bei PoS von Kapital und Finanzliquidität weniger offensichtlich.

Skalierbarkeit versus Zentralität

Proof-of-Stake gilt als skalierbarerer Konsensmechanismus als Proof-of-Work, weshalb ersterer insbesondere auch bei Smart-Contract-Plattformen Anwendung findet, die eine hohe Anzahl von Transaktionen verarbeiten müssen. Gleichzeitig bieten PoS-Blockchains den Entwicklern in der Regel mehr Spielraum bei der Gestaltung von Smart Contracts. Dies liegt daran, dass sie weniger Einschränkungen bezüglich der Skriptsprache und anderer technischer Aspekte aufweisen.

Die höhere Skalierbarkeit geht allerdings auch mit erhöhter Zentralisierungstendenz einher. Während sich Proof-of-Work – wie am Beispiel von Bitcoin ersichtlich – über die Zeit eher zu dezentralisieren scheint, bewegt sich ein PoS-System wie Ethereum eher in Richtung Zentralisierung. Als grösste Validatoren-Gruppe macht Lido aktuell mehr als 31% aller auf Ethereum aktiver Validatoren aus. Die Top 5 aller Staking-Anbieter kontrollieren gar mehr als 50% des Ethereum-Netzwerkes.

Häufig wird argumentiert, dass sich bei Bitcoin ebenfalls eine Zentralisierung zeigt, und zwar bei den Bitcoin Mining Pools. So ist es in der Tat auch so, dass die Top 5 Mining Pools über 83% der Bitcoin-Hashrate besitzen. In diesem Punkt gilt es allerdings zu entgegnen, dass Mining Pools dasselbe sind wie die Miner selbst. Erstere sind bloss Node-Dienstleister, welche keinerlei Mining-Hardware verwahren. Vielmehr sind es die Miner, welche dies tun. Somit ist die Kontrolle der Mining-Pools verhältnismässig klein.

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