Wie erstrebenswert ist FIRE wirklich?
Ein sparsames, bescheidenes Leben zu führen, das nicht nur zu mehr Geld im Portfolio und auf dem Konto führt, sondern ganz nebenbei auch noch Ressourcen schont – das lernen Frugalisten auf ihrem Weg zu FIRE. Wer sich schon mit 40 in den Ruhestand begeben möchte, lernt zudem auch den Umgang mit den eigenen Finanzen: Wie erstelle ich Finanzpläne und Budgets? Wie funktionieren die Aktienmärkte? Wie lege ich mein Geld an, um langfristig maximalen Profit zu erzielen und nur das Risiko einzugehen, das ich auch eingehen kann?
FIRE ist also eine gute Lebensschule in Sachen Sparsamkeit und Finanzwissen. Aber FIRE ist definitiv nichts für jede und jeden. Ein jahrzehntelanges Leben als Frugalist, bei dem man jeden Rappen zweimal umdreht und mehrere Jobs gleichzeitig ausführt, ist nicht für alle erstrebenswert. Jetzt massiv zu verzichten, um mit 40 vielleicht in den Ruhestand zu gehen (und allenfalls auch danach sehr sparsam leben zu müssen), ist für viele eine zu grosse Entbehrung.
«Und was mache ich dann mit 40?», ist auch eine Frage, die sich viele stellen. Mit 40 im Ruhestand zu sein, während die Freunde weiterarbeiten, kann ganz schön einsam sein – und auch die eigene Arbeit ist schliesslich nicht immer nur notwendiges Übel, sondern für viele auch Sinn und Quelle von Freude.
Dazu kommen aber auch Überlegung rein finanzieller Natur: Möchte ich mein Leben lang wirklich gleich viel Geld ausgeben und sparsam leben? Was passiert, wenn sich meine Lebensumstände verändern – Kinder kommen, gesundheitliche Probleme auftauchen...? Wie entwickeln sich die Märkte? Wie sieht es mit der Inflation aus? Habe ich meine AHV-Beiträge, die ich auch als Nichterwerbstätige und Nichterwerbstätiger bezahlen muss, in meine Berechnung eingerechnet? Und: Wie sichere ich die Risiken Tod und Invalidität ab?
Ein Frugalisten-Leben muss also gut geplant und überlegt sein – oder Sie sehen FIRE als persönliche Challenge an, ohne verbissen daran zu arbeiten, effektiv mit 40 in den Ruhestand zu treten – und behalten sich im Notfall die Flexiblität, einfach etwas kürzer zu treten oder doch etwas länger zu arbeiten. Schliesslich gibt es auch ganz individuelle FIRE-Modelle, etwa für Leute, die nur ihren Hauptjob aufgeben möchten und sich auch nach dem Ruhestand noch einem Nebenjob widmen möchten, oder die auch mit einem Ruhestand mit 50 oder 55 zufrieden sind und einfach finanziell etwas unabhängiger sein möchten.