Viele Menschen mit Wohneigentum wünschen sich, dass ihr Eigenheim dereinst in der Familie bleibt. Sie überlegen sich deshalb, ob sie es schon heute ihren Kindern überschreiben wollen. Und doch möchten sie so lange wie möglich im Haus wohnen bleiben.
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Dank den Dienstbarkeiten Nutzniessung und Wohnrecht zuhause bleiben
Viele ältere Wohnungs- und Hausbesitzer:innen überlegen sich, ob sie ihr Eigenheim schon vor dem Tod verkaufen oder an die Erb:innen weitergeben wollen. Vielfach sind Nutzniessung oder Wohnrecht der optimale Weg dazu.
Vor- und Nachteile bei Verkauf, Schenkung oder Abtretung als Erbvorbezug
Grundsätzlich bieten sich dazu drei Möglichkeiten: Verkauf, Schenkung oder Abtretung als Erbvorbezug. In allen diesen Fällen geht das Eigentum am Haus an die Kinder über – mit allen Vor- und Nachteilen: Die Eltern müssen künftig weder den Eigenmietwert als Einkommen noch den Wert des Hauses als Vermögen versteuern. Anderseits können sie beispielsweise die Hypothek nicht mehr erhöhen, selbst wenn sie später einmal Geld brauchen sollten. Vor allem aber ist nicht gewährleistet, dass sie bis an ihr Lebensende in ihrem Haus oder ihrer Wohnung bleiben können.
Darum macht ein Vertrag Sinn
Einen Ausweg bietet in dieser Situation ein Mietvertrag, ein Nutzniessungsvertrag oder ein Wohnrechtsvertrag. Bei der Nutzniessung und dem Wohnrecht handelt es sich rechtlich um Dienstbarkeiten.
Bei einer entgeltlichen Miete müssen die Eltern nur den Mietzins bezahlen. Für Unterhalts- und Renovationskosten sind im Gegenzug ihre Kinder zuständig, ebenfalls für die Steuern des Hauses.
Unentgeltliche Nutzniessung: keine Änderung bei den Steuern
Völlig anders präsentiert sich die Situation bei einer Nutzniessung. Eine unentgeltliche Nutzniessung belässt den bisherigen Eigentümer:innen das Recht auf Besitz und Gebrauch der Wohnung (siehe Tabelle zu den wichtigsten Unterschieden zwischen Nutzniessung und Wohnrecht). Falls nichts anderes vereinbart wird, gilt nach Gesetz: Die Eltern müssen als Nutzende der Liegenschaft die Kosten für den Unterhalt des Hauses übernehmen, die Kosten für die Hypothek, die Versicherung sowie für die amtlichen Gebühren.
Sie sind aber nicht mehr für Renovationen zuständig. Steuerlich bleibt alles beim Alten: Das Gesetz über die direkten Bundessteuern und die kantonalen Staatssteuergesetze sehen vor, dass die Nutzniesser:innen den Eigenmietwert oder die Mieteinnahmen als Einkommen versteuern und den Steuerwert des Hauses als Vermögen. Im Gegenzug dürfen sie die entsprechenden Abzüge für Unterhalt und Hypothekarzinsen vornehmen.
Die neuen Eigentümer:innen dürfen theoretisch das Haus oder die Wohnung auch gegen den Willen der bisherigen Eigentümer:innen verkaufen. Doch das Nutzniessungsrecht bleibt auch bei einem Verkauf bestehen, die Berechtigten müssen also nicht ausziehen und dürfen die Liegenschaft auch weitervermieten. Für die neuen Eigentümer:innen würde es darum in der Praxis sehr schwer, Käufer:innen für die Immobilie zu finden.
Nutzniessung: Gemeinsames Stimmrecht im Stockwerkeigentum
Wird nichts anderes vereinbart, so nehmen Nutzniessende und Eigentümerschaft bei Stockwerkeigentum das Stimmrecht gemeinsam wahr. Die Nutzniessenden sind in allen Fragen der Verwaltung stimmberechtigt. Sie können also zum Beispiel bei der Wahl der Verwaltung mitentscheiden oder auch bei der Verteilung der Kosten auf die einzelnen Stockwerkeinheiten.
Geht es um eine notwendige bauliche Massnahme, so liegt das Stimmrecht ebenfalls bei den Nutzniesser:innen. Bei nur nützlichen oder luxuriösen baulichen Massnahmen sowie in allen übrigen Fällen hingegen haben die Eigentümer:innen das Entscheidungsrecht.
Das sind die Vorteile beim Wohnrecht
Als Wohneigentümer:in könnten Sie Ihr Haus beispielsweise aber auch an Ihre Kinder abtreten und sich im Gegenzug ein lebenslanges Wohnrecht ausbedingen. Ein Wohnrecht hätte einige Vorteile für Sie:
Laut Gesetz müssen Sie fortan nur noch für die Kosten des gewöhnlichen Unterhalts aufkommen, also für kleinere Reparaturen am Haus üblicherweise bis etwa 150 Franken. Die übrigen Kosten wie Hypothekarzinsen, aussergewöhnliche Reparaturen, Renovationen, Versicherungen, Gebühren sowie die Verbrauchskosten für Wasser, Elektrizität, Gas, Heizungskosten oder Telefonanschluss usw. gehen in diesem Fall zulasten der neuen Eigentümer:innen. Häufig wird jedoch vereinbart, dass die Verbrauchskosten nicht von den Eigentümer:innen, sondern von den Wohnberechtigten getragen werden.
Die wohnberechtigten Eltern müssen in diesem Fall zwar wie bis anhin den Eigenmietwert versteuern, können im Gegenzug aber den Unterhaltsaufwand abziehen. Mit dem Steuerwert der Liegenschaft werden die Kinder als neue Eigentümer:innen belastet.
Diese Voraussetzungen und Bedingungen gelten beim Wohnrecht
Wer über ein Wohnrecht verfügt, darf die Liegenschaft oder Teile davon selbst bewohnen und Familienangehörige, Lebenspartner:in sowie Haus- und Pflegepersonal aufnehmen. Das Wohnrecht ist jedoch weder übertragbar noch kann es vererbt werden. Auch eine (Unter-) Vermietung ist ohne Zustimmung der neuen Eigentümer:innen unzulässig. In der Regel wohnt der oder die Berechtigte gratis. Es kann aber auch ein Wohnrechtszins oder eine Einmalzahlung vereinbart werden.
Wohnrecht spart Erbschaftssteuern
Auch in anderen Fällen kann das Einräumen eines Wohnrechts sinnvoll sein – etwa, wenn Sie die späteren Erbschaftssteuern Ihrer Lebenspartner:in reduzieren möchten. Erhält Ihr:e Partner:in ein lebenslanges Wohnrecht, so fallen darauf kurzfristig zwar Schenkungssteuern an, später dafür aber weniger Erbschaftssteuern. Denn der Wert der Wohnung wird durch die Belastung mit dem Wohnrecht massiv gesenkt. Da auf diesem Weg die Progression gebrochen wird, fallen unter dem Strich meist deutlich weniger Steuern an.
Wann das Wohnrecht erlischt
Das Wohnrecht erlischt, wenn die berechtigte Person darauf verzichtet, oder mit deren Ableben. Selbst ein lebenslanges Wohnrecht verliert seine Gültigkeit, sobald die berechtigte Person die Wohnung definitiv aufgibt oder wegzieht. Dies gilt auch dann, wenn die betreffende Person definitiv in ein Alters- oder Pflegeheim zieht.
Ein Wohnrecht kann auch nur befristet erteilt oder an Bedingung geknüpft werden. So ist es beispielsweise zulässig, das Wohnrecht so zu vereinbaren, dass es bei einer Scheidung oder definitiven Trennung der Partner:in aufgehoben wird.
Nutzniessung und Wohnrecht müssen zwingend im Grundbuch eingetragen werden, wofür je nach Kanton und Notariat unterschiedlich hohe Gebühren anfallen.
Wohn- oder Nutzungsrecht nach Schuldbriefen eintragen
Wichtiger Tipp: Das Wohnrecht oder die Nutzniessung sollten erst im Nachgang zu den Schuldbriefen im Grundbuch eingetragen werden. So bleibt der berechnete Verkehrswert der Liegenschaft und damit die Belehnung aus Sicht der Bank unverändert. Wird das Wohnrecht oder die Nutzniessung vor den Schuldbriefen eingetragen, wird der Verkehrswert unter Berücksichtigung der jeweiligen Dienstbarkeit berechnet. Das kann sich negativ auf die Finanzierung auswirken.
Wohnrecht und Nutzniessung sind anspruchsvolle Instrumente bei der Vorsorge- und Nachlassplanung. Der Beizug einer Expert:in ist empfehlenswert.
Wohnrecht und Nutzniessung: Tabelle mit den wichtigsten Unterschieden
Aspekt | Nutzniessung | Wohnrecht |
---|---|---|
Aspekt Dauer |
Nutzniessung Bis zum Ablauf der Befristung oder bis zum Ableben der berechtigten Person. |
Wohnrecht Bis zum Ablauf der Befristung oder bis zum Ableben der berechtigten Person. |
Aspekt Beendigung |
Nutzniessung Bei Tod der berechtigten Person oder im gegenseitigen Einverständnis oder durch einseitigen Verzicht, bei Enteignung, dem vollständigen Untergang des Grundstücks, durch Gerichtsentscheid und bei einer Zwangsvollstreckung. |
Wohnrecht Bei Tod der berechtigten Person oder im gegenseitigen Einverständnis, durch einseitigen Verzicht, bei Unmöglichkeit der Ausübung, bei Enteignung, dem vollständigen Untergang des Grundstücks, durch Gerichtsentscheid sowie bei einer Zwangsvollstreckung. |
Aspekt Inhalt |
Nutzniessung Die Nutzniesser:in darf die Liegenschaft nutzen, verwalten und Erträge beziehen. Die Nutzniessung kann entgeltlich (periodische Zahlungen oder Einmalzahlung) oder unentgeltlich eingeräumt werden. |
Wohnrecht Das Wohnrecht besteht in der Befugnis, in einem Gebäude oder in einem Teil desselben zu wohnen. Es ist weder übertragbar noch vererblich. Das Wohnrecht kann entgeltlich (periodische Zahlungen oder Einmalzahlung) oder unentgeltlich eingeräumt werden. |
Aspekt Rechte |
Nutzniessung Die Nutzniesser:in darf die Liegenschaft selbst bewohnen oder vermieten. Die Nutzniesser:in hat das Recht auf die Mieteinnahmen. |
Wohnrecht Der oder die Wohnberechtigte darf die Liegenschaft oder Teile davon ausschliesslich selbst bewohnen – einzig die Aufnahme von Familienangehörigen und Hausgenoss:innen ist gestattet, soweit nichts anderes vereinbart wurde. Die Vermietung ist nicht gestattet. |
Aspekt Pflichten |
Nutzniessung Die Nutzniesser:in kommt für den gewöhnlichen Unterhalt, die Nebenkosten, die Hypothekarzinsen, die Versicherungsprämien sowie für die periodischen Steuern und Abgaben auf. |
Wohnrecht Die wohnberechtigte Person kommt für den gewöhnlichen Unterhalt und die Nebenkosten auf. |
Aspekt Steuern |
Nutzniessung Die Nutzniessenden versteuern den amtlichen Wert der Liegenschaft als Vermögen. Der Eigenmietwert muss von ihnen als Einkommen aus der Liegenschaft versteuert werden. Bei Vermietung werden die Mieterträge als Einkommen der Nutzniessenden besteuert. Bei der Vermögenssteuer können die Nutzniessenden die auf der Liegenschaft lastenden Schulden (der Eigentümer:in) abziehen. Bei der Einkommenssteuer sind Abzüge für den gewöhnlichen Unterhalt, die Hypothekarzinsen, die Versicherungsprämien sowie die Gebühren und Abgaben möglich. |
Wohnrecht Die wohnberechtigte Person versteuert den Eigenmietwert als Einkommen. Die Eigentümer:in muss den amtlichen Wert der Liegenschaft als Vermögen versteuern. Bei der Vermögenssteuer kann die Eigentümer:in die auf der Liegenschaft lastenden Hypotheken in Abzug bringen. Die wohnberechtigte Person kann die von ihr bezahlten Unterhaltskosten vom Einkommen abziehen. |
So berechnet sich der Wert eines Wohnrechts
Der Wert des Wohnrechts berechnet sich nach folgender Formel:
Wert Wohnrecht = Nettojahresmietwert x Kapitalisierungsfaktor
Beispiel
Berechnung Nettojahresmietwert
- Marktmiete pro Jahr: CHF 24’000.–
- Abzüglich Unterhaltskosten : CHF 4’800.–
- Nettojahresmietwert: CHF 19’200.–
Berechnung Kapitalisierungsfaktor
Jahresrente CHF 56.29 pro CHF 1’000.– : 17,76
Berechnung Wert Wohnrecht
CHF 19’200.– x 17,76 = CHF 344’992.–
Es gibt viele weitere Dienstbarkeiten
Wohnrecht und Nutzniessung sind sogenannte Dienstbarkeiten und müssen (kostenpflichtig) im Grundbuch eingetragen werden, damit sie ihre Wirkung entfalten. Es gibt allerdings viele weitere Dienstbarkeiten beziehungsweise Servitute, wie sie auch genannt werden. Typische Dienstbarkeiten sind Fuss- und Wegrechte, Durchleitungsrechte sowie Baurechte (Baubeschränkungen, Näherbaurechte usw.).
Ein Grundstück kann zum Vorteil eines anderen Grundstückes (Grunddienstbarkeit) oder einer bestimmten Person (Personaldienstbarkeit) belastet werden. Die Eigentümer:innen müssen sich in diesem Fall bestimmte Eingriffe der berechtigten Person gefallen lassen (= dulden; positive Dienstbarkeit), oder sie dürfen das Eigentumsrecht nur beschränkt ausüben (= unterlassen; negative Dienstbarkeit).
Fragen und Antworten
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Wer das Nutzniessungsrecht an einer Eigentumswohnung oder einem Haus hat, darf dort selbst wohnen oder das Objekt auch vermieten und den Mietzins behalten. Im Gegenzug müssen die Nutzniessenden aber den Eigenmietwert sowie den amtlichen Wert der Wohnung oder des Hauses versteuern. Auch die Kosten der Hypothek sowie sämtliche Nebenkosten gehen zu Lasten der Nutzniessenden. Eine neue Hypothek dürfen hingegen nur die Eigentümer:innen aufnehmen. Ein Nutzniessungsrecht muss im Grundbuch eingetragen werden.
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Wer über ein Wohnrecht verfügt, darf in der betreffenden Eigentumswohnung oder im betreffenden Haus wohnen. Auch Lebenspartner:innen oder Hausangestellte darf man aufnehmen. Hingegen ist es nicht gestattet, die Wohnung zu vermieten. Das Wohnrecht kann befristet oder bis zum Lebensende vereinbart werden. Es erlischt, sobald die berechtigte Person die Wohnung nicht mehr nutzt, also beispielsweise ins Altersheim zieht oder verstirbt. Die wohnberechtigte Person muss den Eigenmietwert als Einkommen versteuern und den kleinen Unterhalt bezahlen. Die Eigentümer:in muss den amtlichen Wert als Vermögen versteuern und auch die allermeisten Verbrauchskosten tragen. Die Parteien sind allerdings frei, auch eine andere Aufteilung zu vereinbaren. Ein Wohnrecht muss im Grundbuch eingetragen werden.
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Als Nutzniesser:in dürfen Sie ein Haus oder eine Eigentumswohnung nicht nur selbst bewohnen, sondern das Objekt auch vermieten. Das Wohnrecht gilt dagegen nur für die berechtigte Person. Sobald die berechtigte Person nicht mehr dort wohnt, verfällt das Wohnrecht (beispielsweise, wenn die betreffende Person ins Altersheim wechselt oder verstirbt). Nutzniesser:innen müssen die allermeisten anfallenden Kosten tragen, so etwa für die Hypothek sowie die Verbrauchs- und Nebenkosten. Sie müssen auch den Eigenmietwert und den amtlichen Wert des Eigenheims versteuern. Wohnberechtigte müssen dagegen nur für einen Teil der Nebenkosten sowie den kleinen Unterhalt aufkommen. Zudem müssen sie den Eigenmietwert versteuern. Den amtlichen Wert versteuern dagegen die Eigentümerschaft.
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Ein Nutzniessungsrecht kann sinnvoll sein, wenn man sicherstellen will, dass eine Liegenschaft im Familienbesitz bleibt. So können Sie Ihr Haus beispielsweise schon frühzeitig Ihren Kindern überschreiben, sich im Gegenzug aber ein Nutzniessungsrecht einräumen lassen. Die Kinder werden in diesem Fall als neue Eigentümerschaft eingetragen, während Sie immer noch über das Wohnrecht verfügen oder die Liegenschaft auch vermieten dürfen.
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Im Rahmen Ihrer freien Quote können Sie Ihrer Partner:in ein Wohnrecht einräumen. So ist diese:r abgesichert, falls Erb:innen bei Ihrem Ableben Ansprüche an die Wohnung oder das Haus stellen. Besonders bietet sich ein solches Wohnrecht an, um nicht verheiratete Lebenspartner:innen abzusichern. Ein solches Wohnrecht darf auch mit Bedingungen verknüpft sein. Beispielsweise, dass es nur so lange gilt wie die Ehe oder die Partnerschaft nicht geschieden oder aufgelöst ist.
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Dienstbarkeiten – auch Servitute genannt – sind Rechte oder Pflichten, die mit dem Grundeigentum verbunden sind. Dazu gehören beispielsweise Fuss- und Wegrechte, Durchleitungsrechte sowie Baurechte (Baubeschränkungen, Näherbaurechte usw.). Auch Nutzniessungs- und Wohnrechte gehören zu den Dienstbarkeiten. Um gültig zu sein, müssen Dienstbarkeiten zwingend ins Grundbuch eingetragen werden.