Haben Sie schon einmal ein PubliBike ausgeliehen, SBB EasyRide genutzt oder ein Streaming-Abo erneuert? Dann haben Sie bereits erste Erfahrungen mit unsichtbaren Zahlungen gemacht. «Unsichtbar» sind Zahlungen dann, wenn der Bezahlvorgang komplett automatisch abläuft. In Zukunft wird diese Bezahlart beim Einkaufen im Laden wie auch beim Shopping im Internet eine immer wichtigere Rolle spielen. Als Innovationstreiberin im Zahlungsverkehr setzt sich PostFinance mit diesem Trendthema auseinander. David Kauer ist Experte auf diesem Gebiet und beantwortet die brennendsten Fragen zu den unsichtbaren Zahlungen, die auch «Invisible Payments» oder «Seamless Payments» (nahtlose Zahlungen) genannt werden.
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Invisible Payments: die Zukunft des Shoppings
Bezahlen ist bequem geworden: Statt Münzen und Scheine abzuzählen, halten wir heute immer häufiger einfach die Karte oder das Smartphone ans Terminal. Doch es geht noch komfortabler. Mit Invisible Payments soll der Bezahlvorgang in Zukunft in den Hintergrund rücken, im besten Fall sogar komplett automatisiert erfolgen. Warum dieses Thema für PostFinance spannend ist und was hinter dem Trend steckt, erklärt David Kauer.
Experteninterview: Was Sie über Invisible Payments als Zahlungsart der Zukunft wissen sollten
Bezahlen wir heute schon unsichtbar?
David Kauer: Auf dem Markt existieren verschiedene Ausprägungen von unsichtbaren Zahlungen. In der Schweiz ist PubliBike ein gutes Beispiel dafür. Für eine Fahrt mit dem Velo checken die Nutzer:innen per One Touch in der PubliBike-App ein und über das Veloschloss aus. Der für die Ausleihdauer fällige Betrag wird automatisch dem Zahlungsinstrument belastet, das sie in ihrem Kundenaccount hinterlegt haben. Eine Vorreiterrolle bei Invisible Payments nehmen Shops wie beispielsweise Amazon Go in Amerika ein. Die Kund:innen checken beim Betreten des Geschäfts per Amazon App oder biometrisch per Handfläche ein, nehmen die gewünschten Produkte mit und verlassen das Geschäft ohne an einer Kasse anstehen zu müssen. Die Quittung wird den Kund:innen digital in die Amazon Go App übermittelt. Amazon verwendet dabei Kameras und eine Kombination verschiedener Sensoren, die mit einem lernenden Algorithmus (erklärt auf Der Link öffnet sich in einem neuen Fenster de.wikipedia.org) interagieren. So soll erkannt werden, welche Produkte die Kund:innen aus dem Regal nehmen oder wieder zurückstellen.
David Kauer arbeitet seit 2000 bei PostFinance. Er verantwortete unter anderem die Einführung der neuen TWINT-Lösung bei PostFinance und ist heute Customer Journey Owner für Bezahlen.
Was sind Invisible Payments und welche Vorteile haben sie für die Kund:innen?
Bei unsichtbaren Zahlungen wird der Bezahlprozess vollständig in den Kauf von Produkten oder Dienstleistungen integriert. Das heisst: Der Bezahlvorgang läuft automatisch ab, unsichtbar und nahtlos im Hintergrund. Kund:innen müssen den Vorgang des Bezahlens nicht mehr als eigenständige Handlung und als separaten Prozess durchführen. Dadurch werden Bezahlprozesse für die Kund:innen deutlich komfortabler. Das unsichtbare Bezahlen wird integraler Bestandteil eines Einkaufs oder einer Bestellung.
Was braucht es, damit Zahlungen im Laden oder online unsichtbar abgewickelt werden können?
Im Grunde sind es vier Bausteine, die das unsichtbare Bezahlen ermöglichen:
- Erstens benötigen die Kund:innen beim Händler einen Kundenaccount, auf dem sie ihre Kundendaten und die gewünschte Zahlungsart hinterlegen.
- Zweitens benötigen die Kund:innen ein Zahlungsinstrument, das beim Händler registriert ist und für wiederkehrende Zahlungen verwendet werden kann. Und der Händler braucht eine Schnittstelle zu einer «digitalen Kassenlösung» sowie einen Vertrag mit dem Anbieter des Zahlungsinstruments, damit die Zahlungen ausgelöst werden können. Über diese Schnittstelle wird dem Händler eine eindeutige Referenznummer in Form eines Tokens zugeordnet.
- Drittens muss der Händler die Kund:innen z. B. über ein Login, biometrische Daten oder über eine andere Methode eindeutig identifizieren können.
- Viertens muss der Händler eine Technologie einsetzen, die in der Lage ist, die gekaufte Ware zu erkennen, zu messen und zuzuweisen wie zum Beispiel Sensoren und Kameras, die einen Alogorithmus füttern. Dies setzt Programmierungen voraus.
Als Zahlungsanbieterin kann PostFinance den zweiten Baustein direkt beeinflussen. Wie weit ist PostFinance hier?
Mit E-Payment Zahlungsarten von PostFinance haben wir bereits vor rund zwölf Jahren die notwendigen Grundlagen für die Abwicklung von Invisible Payments gelegt und schaffen nun mit der Zahlart PostFinance Pay, die wir im Laufe des Sommers lancieren werden, einen weiteren Meilenstein.
Welche Herausforderungen müssen in diesem Zusammenhang noch gemeistert werden?
Die grösste Herausforderung ist im Handel und in der Industrie zu verorten: Damit zum Beispiel in einem Geschäft, in einer Waschstrasse oder im Parkhaus unsichtbar bezahlt werden kann, müssen sehr individuelle Lösungen ausgearbeitet und umgesetzt werden. Dies ist für die Anbieter unter Umständen mit hohen Investitionen verbunden. Und nicht zuletzt gilt es auch, die Kund:innen für Invisible Payments zu gewinnen und sie davon zu überzeugen, dass unsichtbare Zahlungen inklusive der Kundendaten sicher und transparent sind.
PostFinance Pay kommt
Mit PostFinance Pay führen wir ab Sommer 2023 schrittweise eine neue Zahlungsmethode für Onlineshops ein, die die beiden bisherigen Zahlungsarten «PostFinance Card» und «PostFinance E-Finance» ablöst. Sie als Kund:innen wickeln die Transaktionen jeweils ganz einfach und bequem über Ihre PostFinance App ab und profitieren von einem noch besseren und bequemeren Bezahlprozess. Diese Zahlungsart ist auch ein wichtiger Schritt, um unsichtbare Zahlungen in Zukunft noch umfassender anbieten zu können.
Warum ist das Thema Invisible Payments für PostFinance wichtig?
Als Innovationstreiberin im Zahlungsverkehr sehen wir bei den Invisible Payments grosses Potenzial. Unseren Privatkund:innen können wir damit eine besonders komfortable Möglichkeit der Bezahlung bieten, unseren Geschäftskunden eine Lösung, die den Umsatz ankurbeln dürfte. Dabei nutzen wir den Vorteil, dass wir in der Schweiz die einzige Bank sind, die im Handel über direkte Kundenbeziehungen zu Privatkund:innen und Geschäftskunden verfügt.
Wie wird PostFinance das Thema weiter vorantreiben?
In den Branchen, in denen wir Potenzial sehen, wollen wir aktiv auf Händler zugehen und ihnen Möglichkeiten für unsichtbare Zahlungen aufzeigen. Dafür müssen wir gemeinsam die «Low Hanging Fruits» finden, also jene Anwendungsfälle, mit denen sich im Verhältnis zum Aufwand der grösste Kundennutzen erzielen lässt und die grosses Einsatzpotenzial bieten. Zudem möchten wir für unsere Kund:innen grösstmögliche Transparenz schaffen: So führen wir mit PostFinance Pay unter anderem ein E-Finance-Cockpit ein, mit dem die Kund:innen einsehen können, bei welchen Händlern sie PostFinance Pay als Zahlungsmittel hinterlegt haben. So haben unsere Kund:innen jederzeit den Überblick, in welchen Shops sie unsichtbar bezahlen und können dies jederzeit anpassen.
Invisible Payments im Einsatz – drei Beispiele aus der Schweiz
SBB EasyRide
Statt vorgängig ein Ticket zu kaufen, können SBB-Reisende «EasyRide» in der SBB App nutzen. Sie checken sich vor der Abfahrt mit dem Schieberegler ein, fahren von A nach B und checken mit dem Schieberegler wieder aus. Für die gefahrene Strecke bucht EasyRide im Nachgang den entsprechenden Betrag automatisch mit dem Zahlungsmittel ab, das in der App hinterlegt wurde.
PubliBike
Wenn Kund:innen bei PubliBike ein Fahrrad via App ausleihen und wieder abgeben, wird der von der Nutzungszeit abhängige Betrag im Hintergrund via App abgebucht. Dasselbe gilt für das PubliBike-Abonnement. Die Belastung erfolgt automatisch, ohne dass die Kund:innen in den Zahlungsprozess involviert sind.
Smart Parking
In der Schweiz gibt es bereits Parkinglösungen, bei denen sich die Autofahrer:innen weder bei der Ankunft noch beim Verlassen des Parkplatzes ums Bezahlen kümmern müssen. Abgerechnet wird automatisch via App. Dazu identifizieren Sensoren die Fahrzeuge anhand der Fahrzeugnummer.