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Erstellt am 15.10.2024

Nachhaltigkeit bei PostFinance: Interview mit Thomas Jakob

Banken spielen bei der Transformation zu einer nachhaltigeren Wirtschaft eine wichtige Rolle. Welche Schwerpunkte setzt PostFinance in ihrer Nachhaltigkeitsagenda, und was ist der Bank auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit wichtig? Thomas Jakob, Leiter Sustainability bei PostFinance, spricht im Interview über Nachhaltigkeit, Ambitionen, Massnahmen und Herausforderungen.

Nachhaltigkeit geht alle an – gerade auch die Unternehmen

Wir alle wollen eine nachhaltigere Welt – und es braucht alle, damit wir die Welt nachhaltiger machen können: die Politik, die Wissenschaft, die Bevölkerung – und die Unternehmen. Letztere haben einen grossen Einfluss darauf, ob eine nachhaltige Entwicklung gelingt. Nehmen wir als Beispiel ein produzierendes Unternehmen: Dieses bestimmt nicht nur, wie umweltfreundlich die Güter hergestellt werden oder wie langlebig sie sind. Es entscheidet auch über die Arbeitsbedingungen seiner Angestellten und die Lebensbedingungen der Menschen in der Umgebung seiner Produktionsstätten. Und es stellt Regeln und Prozesse auf, die sicherstellen sollen, dass das Unternehmen transparent, ethisch und verantwortungsbewusst handelt.

Nachhaltigkeitskriterien im Fokus

Anders gesagt: Unternehmen können auf den drei Ebenen Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance) Verantwortung für mehr Nachhaltigkeit übernehmen. Heute reicht es kaum mehr, dass Unternehmen nur auf der finanziellen Seite erfolgreich wirtschaften. Vielmehr erwarten die Kund:innen und Investor:innen, dass sie die ökologischen und sozialen Folgen ihres Geschäftsmodells kennen und den Anforderungen an eine nachhaltige Entwicklung anpassen. Unternehmen müssen sich immer mehr daran messen lassen, wie gut sie Nachhaltigkeitskriterien erfüllen.

Welche Rolle spielen Banken auf dem Weg zu einer nachhaltigen Wirtschaft?

Eine grosse – und dies, obwohl Banken selbst nur geringe direkte Emissionen verursachen. Sie betreiben keine Produktionshallen, sie haben keinen grossen Fuhrpark. Finanzinstitute können aber dabei helfen, dass Finanzflüsse so geleitet werden, dass die Wirtschaft insgesamt nachhaltiger wird – zum Beispiel, indem sie ihren Kund:innen nachhaltig orientierte Produkte anbieten oder das Geld, das auf den Bankkonten liegt, in Anlagen investiert, die nach ESG-Kriterien ausgerichtet sind.

Welches Verständnis PostFinance von Nachhaltigkeit hat und wie PostFinance Verantwortung übernehmen will, schildert Thomas Jakob, Leiter Sustainability, im Gespräch.

Interview mit Thomas Jakob, Leiter Sustainability bei PostFinance

Tom Jakob verantwortet seit November 2023 das Thema Nachhaltigkeit bei PostFinance.

Nachhaltigkeit ist ein grosses Wort – was bedeutet es für PostFinance?

Nachhaltigkeit heisst für uns, Verantwortung zu übernehmen: als Organisation gegenüber unseren Mitarbeiter:innen und für unseren Betrieb, als Investorin für unsere Eigenanlagen, durch die wir Emissionen mitfinanzieren, für unser Marktangebot und als Partnerin auf dem Finanzplatz Schweiz, den wir positiv mitgestalten wollen. In unseren Zielkatalog schliessen wir ökologische Aspekte, soziale Aspekte und Aspekte der Unternehmensführung – also alle drei ESG-Dimensionen – mit ein. Dabei konzentrieren wir uns auf sechs Schwerpunktthemen, mit denen wir einerseits als PostFinance eine Wirkung erzielen wollen und die andererseits auch einen Einfluss auf unser Geschäft haben können. Für alle diese Themen haben wir konkrete und auch ambitionierte Ziele definiert und in der Strategie von PostFinance verankert.

Die sechs zentralen Nachhaltigkeitsthemen von PostFinance

Klima
Um unsere Emissionen zu reduzieren
Umwelt
Um unsere Lebensgrundlagen zu schützen
Diversity, Equity und Inclusion
Um unsere Mitarbeitenden gleich zu behandeln und die Vielfalt unserer Kund:innen abzubilden
Wissensentwicklung und Bildung
Um unsere Mitarbeitenden zu befähigen und Kund:innen weiterzubilden
Transparenz und Digitalethik
Um das Vertrauen der Stakeholder in uns und unsere Reputation zu fördern
ESG-übergreifend
Um Nachhaltigkeit gesamtheitlich in unserem Unternehmen zu verankern

Inwiefern ambitioniert?

Wir streben an, dass uns unsere Kund:innen branchenbezogen als überdurchschnittlich nachhaltig wahrnehmen. Das haben wir dann erreicht, wenn unsere Kund:innen sagen: PostFinance – das passt für mich. Diese positive Wahrnehmung soll sich bei unseren Kund:innen bezüglich unserer Produkte, unserer Mitarbeiter:innen und der Marke an sich einstellen. Bei den Produkten ist Anlegen ein gutes Beispiel: Unsere Kund:innen können zwischen herkömmlichen Produkten und Produkten mit Nachhaltigkeitsbezug wählen. Die Wahlfreiheit vermittelt ein gutes Gefühl, das wir künftig auch in anderen Bereichen wie Vorsorgen, Sparen, Hypotheken oder Zahlungsverkehr bieten möchten.

Ambitioniert sind auch die Klimaziele von PostFinance.

Ich würde sogar sagen: Sie sind progressiv. Bis 2030 wollen wir im eigenen Betrieb klimaneutral sein; und ab 2040 strebt der gesamte Postkonzern das Ziel von Netto-Null-Emissionen über die ganze Wertschöpfungskette hinweg an.

Welche Hebel hat PostFinance, um auf ökologischer Ebene nachhaltiger zu werden?

Der grösste ökologische Hebel sind unsere Eigenanlagen. Das Geld, das wir in Anlagen investieren, ist für mehr als 95 Prozent unseres CO2-Ausstosses verantwortlich. 

Welchen Vorteil haben Kund:innen, wenn PostFinance sich diese Nachhaltigkeitsziele setzt?

Einerseits nimmt PostFinance ihre Verantwortung als Unternehmen in der Schweiz wahr und leistet somit ihren Beitrag zu einer nachhaltigeren Schweiz, sowohl ökologisch, sozial wie auch unternehmerisch. Davon profitieren alle. Andererseits wollen wir den Kund:innen bei der Produktwahl die Möglichkeit bieten, eine informierte Entscheidung in Bezug auf Nachhaltigkeit zu treffen. Die Wahlmöglichkeit soll für unsere Kund:innen vorhanden sein. Wir wollen nicht bevormunden, sondern unterstützen. 

Was tut PostFinance, um die gesetzten Nachhaltigkeitsziele zu erreichen?

Wir setzen die in der Strategie verankerten Ziele in Massnahmenpläne für die nächsten Jahre um. Dazu brauchen wir die gesamte Organisation. Denn die Transformation zu einer nachhaltigen PostFinance wird uns nur gelingen, wenn jeder Bereich und jede einzelne Mitarbeiter:in ein Teil dieser Nachhaltigkeitsentwicklung wird.

Die Mitarbeitenden als Schlüssel zum Erfolg: Wie nimmt PostFinance sie mit auf die Reise?

Indem wir sie für das Thema Nachhaltigkeit sensibilisieren und mit ihnen Prozesse für mehr Nachhaltigkeit anstossen. Ein Beispiel: Wenn wir mehr Produkte – zum Beispiel das Sparkonto – mit Nachhaltigkeitsbezug anbieten wollen, müssen wir gemeinsam mit allen verantwortlichen Teams überlegen, wie wir das jeweilige Produkt mit Nachhaltigkeitsaspekten erweitern können oder ob es Neuentwicklungen braucht. Das geht vom Produktmanagement über Risk und Compliance bis hin zu IT und Marketing. Nachhaltige Entwicklungen umzusetzen ist ein Teameffort.

Welche Massnahmen, die auf die Nachhaltigkeitsziele einzahlen, hat PostFinance bisher umgesetzt?

Nebst den Anlageprodukten, bei denen wir wie erwähnt Produkte mit Nachhaltigkeitsbezug anbieten, ist es ein breiter Strauss an Massnahmen, die auf die unterschiedlichen Nachhaltigkeitsdimensionen einzahlen. Indem wir zum Beispiel in praktisch allen Stelleninseraten die Lohnbandbreite kommunizieren, wollen wir die Gleichstellung fördern. Mit MoneyFit möchten wir dazu beitragen, die Finanzkompetenz von Kindern und Jugendlichen zu fördern, und übernehmen damit Verantwortung in der Wissensentwicklung und Bildung. Die Schulungen unserer Mitarbeitenden in Korruptionsbekämpfung und Compliance tragen dazu bei, dass wir die Governance-Richtlinien einhalten.

Welches sind die grössten Herausforderungen beim Thema Nachhaltigkeit?

Wir bewegen uns in einem Gebiet mit sehr vielen regulatorischen Anforderungen. In diesem Rahmen Projekte aufzugleisen und umzusetzen, mit denen wir Wirkung erzielen können, ohne dass wir in die Greenwashing-Falle tappen, ist herausfordernd. Zudem befindet man sich beim Thema Nachhaltigkeit immer in einem Spannungsfeld und kann nie alle drei ESG-Dimensionen gleichzeitig perfekt bedienen. Nehmen wir an, ein Unternehmen verlagert den Transport von der Strasse auf die Schiene. Dies tut der Umwelt gut, doch die Lastwagenfahrer:innen haben keine Aufträge mehr. Es steht ein ökologisches Interesse gegen ein soziales. Emotionale Diskussionen lassen sich im Bereich der Nachhaltigkeit nicht vermeiden. Jeder Entscheid muss abgewogen werden. Ich versuche, stets das Gesamtbild im Auge zu haben und daraus abgeleitet mutige Entscheidungen zu treffen. 

Welches ist aus deiner Erfahrung der wichtigste Tipp für Unternehmen, die sich auf den Nachhaltigkeitsweg machen?

Ich glaube, das Wichtigste ist, dass man als Unternehmen diesen Weg wirklich beschreiten will. Der Weg ist aufwändig, birgt Risiken und kostet Geld. Gleichzeitig bieten sich viele Chancen, die sich möglicherweise erst in der Zukunft materialisieren. Die seriöse Abwägung dieser Elemente entscheidet, welchen Weg man einschlagen wird. Das Schlimmste ist ein Zickzackkurs, weil man alle paar Wochen wieder eine Grundsatzdiskussion führt. Und dann ich bin der Meinung, dass es besser ist, mal zu starten und an einem Ort Wirkung zu erzielen, als jahrelang abzuwägen, was der ideale Pfad für das eigene Unternehmen sein könnte. Steuern ist einfacher, wenn man unterwegs ist, als wenn man am Ort steht.

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