Wirtschaft: Handelskrieg zur Unzeit

Die globalen Wirtschaftsdaten sind seit Jahresbeginn enttäuschend. In China und Europa lässt die konjunkturelle Erholung weiter auf sich warten und in den USA hat sich der Konsum, der das starke Wirtschaftswachstum der letzten Jahre massgeblich getragen hat, spürbar verlangsamt. Vor diesem Hintergrund kommt der Handelskrieg von US-Präsident Trump zur Unzeit. Allein die massive Verunsicherung durch das ständige Hin und Her bei den Zöllen dürfte die Weltkonjunktur weiter schwächen.

Die Stimmung der Schweizer Industrie- und Dienstleistungsunternehmen hat sich im März merklich eingetrübt. Auch die Konsumtätigkeit der Schweizer Bevölkerung ist, gemessen an den Detailhandelsumsätzen, deutlich weniger stark gestiegen als in den Vormonaten. Dennoch dürfte das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal aufgrund der hohen Dynamik im Exportsektor solide ausfallen. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass viele Unternehmen Lieferungen vor dem Inkrafttreten der angekündigten US-Zölle vorgezogen haben. Sollten signifikante Zölle tatsächlich in Kraft treten, wäre die Schweizer Wirtschaft jedoch überdurchschnittlich stark betroffen. Denn als kleine, offene Volkswirtschaft ist die Schweiz stark vom Exportsektor abhängig. Zudem sind die USA unser wichtigster Handelspartner.

Wachstum, Stimmung und Trend

In Prozent

Die Grafik zeigt das tatsächliche Jahreswachstum des Schweizer Bruttoinlandprodukts (BIP) seit 1995, dessen langfristigen Trend und einen vorlaufenden Konjunkturklimaindikator. Dieser deutet darauf hin, dass wir im laufenden Quartal wieder ein etwas schwächeres Wachstum auf Trendniveau erwarten müssen.
Quelle: Bloomberg

Die konjunkturelle Entwicklung in den USA hat sich zu Beginn des Jahres spürbar verlangsamt. Hauptgrund dafür ist die Abschwächung des privaten Konsums, der in den vergangenen Jahren eine tragende Säule des Wachstums war. Die Abkühlung kommt allerdings nicht überraschend, denn viele Haushalte stehen derzeit gleich doppelt unter Druck: Zum einen hinkt die Einkommensentwicklung seit geraumer Zeit dem Anstieg der Konsumausgaben hinterher, zum anderen sind die während der Pandemie gebildeten Rücklagen inzwischen weitgehend aufgebraucht. Hinzu kommt eine spürbare Verunsicherung durch den Handelskonflikt, die das Konsumentenvertrauen merklich belastet. Darüber hinaus dürften die hohen Zölle auf Importgütern, die zu einem Anstieg der Preise führen, die Budgets zusätzlich unter Druck setzen. Die amerikanische Notenbank (Fed) befindet sich damit in einem äusserst schwierigen Umfeld einer schwachen Konjunktur bei gleichzeitig hohem Preisdruck.

Wachstum, Stimmung und Trend

In Prozent

Die Abbildung zeigt das Wachstum des realen amerikanischen BIP und dessen langfristigen Trend sowie einen vorlaufenden Konjunkturklimaindikator seit Mitte der Neunzigerjahre. Der vorlaufende Indikator deutet darauf hin, dass sich das Wirtschaftswachstumstempo der USA in naher Zukunft reduzieren wird.
Quelle: Bloomberg

Die Eurozone befindet sich weiterhin in einer wirtschaftlichen Seitwärtsbewegung. Dies zeigen insbesondere die Stimmungswerte der Unternehmen sowie der Konsument:innen, die sich in den letzten Monaten kaum verändert haben. Auch die massiven fiskalpolitischen Massnahmen der deutschen Bundesregierung und teilweise auch der Europäischen Union konnten den Optimismus bislang nicht zurückbringen. Immerhin hat sich die Inflation vor dem Hintergrund der schwachen Konjunktur etwas abgeschwächt. Im März ist die Kerninflationsrate, die volatile und von der Notenbank nicht beeinflussbare Preiskomponenten ausklammert, von 2,6 auf 2,4 Prozent gesunken. Damit nähert sich die Inflationsdynamik allmählich den Zielwerten der Europäischen Zentralbank (EZB) an.

Wachstum, Stimmung und Trend

In Prozent

Die Darstellung zeigt das Wachstum des realen BIP, dessen Trend und ein vorlaufendes Konjunkturklima für die Eurozone seit 1995. Der vorlaufende Indikator deutet auf ein stagnierendes Wirtschaftswachstum (zwischen 0 und 0,5 Prozent) in naher Zukunft hin.
Quelle: Bloomberg

Die stärksten Wachstumsimpulse unter den grossen Schwellenländern gehen weiterhin von Indien aus. Allerdings hat sich auch dort zuletzt die zunehmende Unsicherheit über mögliche US-Zölle bemerkbar gemacht und die Stimmungswerte der Unternehmen nach unten gedrückt. Deutlich unterdurchschnittlich bleibt dagegen die wirtschaftliche Entwicklung in China. Die private Nachfrage in Form von Konsum und Bauinvestitionen bleibt schwach. Als Reaktion darauf hat die chinesische Regierung gezielte fiskalpolitische Massnahmen angekündigt, die insbesondere die privaten Haushalte entlasten sollen. Die negativen Auswirkungen des Handelskriegs, der in eine Zoll-Gegenzoll-Spirale gemündet ist und nun US-Zölle von 145 Prozent auf chinesische Importe und umgekehrt chinesische Zölle von 84 Prozent auf US-Importe vorsieht, dürften jedoch überwiegen und das Wachstum weiter bremsen.

Wachstum, Stimmung und Trend

In Prozent

Diese Grafik zeigt das durchschnittliche reale BIP-Wachstum ausgewählter Schwellenländer, dessen Trend und ein vorlaufendes Konjunkturklima seit 1995. Der vorlaufende Indikator deutet darauf hin, dass die Wirtschaft in naher Zukunft mit Trendwerten mit zwischen 4 und 5 Prozent wachsen wird.
Quelle: Bloomberg

Globale Konjunkturdaten

IndikatorenSchweizUSAEurozoneGBJapanIndienBrasilienChina
Indikatoren
BIP J/J 2024Q3
Schweiz
1,9%
USA
2,7%
Eurozone
1,0%
GB
1,2%
Japan
0,7%
Indien
5,6%
Brasilien
4,1%
China
4,6%
Indikatoren
BIP J/J 2024Q4
Schweiz
1,5%
USA
2,5%
Eurozone
1,2%
GB
1,5%
Japan
1,1%
Indien
6,2%
Brasilien
3,6%
China
5,4%
Indikatoren
Konjunkturklima
Schweiz
=
USA
Eurozone
GB
Japan
+
Indien
+
Brasilien
China
=
Indikatoren
Trendwachstum
Schweiz
1,3%
USA
1,6%
Eurozone
0,8%
GB
1,8%
Japan
1,1%
Indien
5,3%
Brasilien
1,8%
China
3,7%
Indikatoren
Inflation
Schweiz
0,3%
USA
2,4%
Eurozone
2,2%
GB
2,6%
Japan
3,7%
Indien
3,3%
Brasilien
5,5%
China
-0,1%
Indikatoren
Leitzinsen
Schweiz
0,25%
USA
4,5%
Eurozone
2,65% 
GB
4,5%
Japan
0,5%
Indien
6,0%
Brasilien
14,25%
China
3,10%

Quelle: Bloomberg

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