Die Szene, in der ein Präsident die grössten Handelsbeschränkungen der jüngeren Wirtschaftsgeschichte verkündet und diesen Tag gleichzeitig als «Liberation Day», als «Tag der Befreiung» bezeichnet, hätte noch vor Kurzem eher als Vorlage für eine mittelmässige Politsatire getaugt. Inzwischen ist es Realität und Ausdruck eines politischen Kurses, der die Grundprinzipien des Welthandels in Frage stellt.
Dabei ist längst erwiesen, dass pauschale Zölle kaum positive volkswirtschaftliche Effekte haben, aber viele negative. In einer arbeitsteiligen Weltwirtschaft führen sie nicht zu mehr Wohlstand, sondern im Gegenteil zu höheren Preisen, ineffizienten Umwegen und letztlich zu weniger Wachstum.
Die Auswirkungen auf die Finanzmärkte waren denn auch alles andere als befreiend. Die Aktienmärkte gerieten weltweit massiv unter Druck und verloren innerhalb weniger Tage teilweise mehr als 10 Prozent. Zudem stiegen die Zinsen für US-Staatsobligationen nach einem anfänglichen Rückgang wieder deutlich an, da zunehmend Zweifel an der wirtschaftspolitischen Verlässlichkeit der USA aufkamen. Immerhin blieb die politische Führung der USA davon nicht unbeeindruckt: Nach den heftigen Marktreaktionen und den gestiegenen Risiken für die Finanzstabilität setzte sie die länderspezifischen Zusatzzölle für 90 Tage aus.
Eine schnelle Rückkehr zur alten Ordnung ist jedoch nicht in Sicht. Der Basiszoll von 10 Prozent bleibt bestehen, was zu einem erneuten Inflationsanstieg in den USA von bis zu 2 Prozent führen könnte. Gegenüber China gelten nach einer Phase gegenseitiger Eskalation, abgesehen von einzelnen Ausnahmen, Zölle von unterdessen 145 Prozent. Das kommt faktisch einer Handelsblockade gleich. Aber was uns weit über die fast täglich wechselnden Zölle hinaus beschäftigen wird, ist die anhaltende Unsicherheit.
Genau diese Unsicherheit führt erfahrungsgemäss dazu, dass Unternehmen Investitionen aufschieben – dies zu einer Zeit, in der die US-Konsument:innen durch die Gefahr eines erneuten Inflationsanstiegs unter Druck geraten. Wir müssen daher mit einer weiteren Abschwächung des zuletzt ohnehin verlangsamten Wirtschaftswachstums in den USA rechnen.
Auch in anderen Volkswirtschaften werden wir die Auswirkungen des Handelskonflikts zu spüren bekommen, sei es durch eine geringere Nachfrage infolge der Zölle oder weil auch hier die Wirtschaftsakteure zunehmend verunsichert sind. So hat sich beispielsweise die Einschätzung der Schweizer Konsument:innen bezüglich der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung merklich eingetrübt.
Schnelle Lösungen sind zudem weder in der Politik noch in der Wirtschaft oder an den Finanzmärkten in Sicht. Umso wichtiger ist es, sich auf schwierigere Anlagezeiten vorzubereiten. Unsere bisherige Ausrichtung hat sich in den vergangenen Wochen bewährt. Das Untergewicht in US-Aktien und somit in Aktien insgesamt sowie die Bevorzugung von Schweizer Immobilien und des japanischen Yen haben geholfen, die Rückschläge abzufedern. Wir halten an dieser Ausrichtung fest. Solange die politische und wirtschaftliche Unsicherheit dominiert, bleibt ein vorsichtiger Kurs nicht nur vernünftig – er ist essenziell für Stabilität und Werterhalt.