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Erstellt am 08.04.2019 | Aktualisiert am 27.09.2024

Digitale Nomad:innen: die Zukunft der Arbeit oder nur ein vorübergehender Trend?

Digitale Nomad:innen verkörpern das Konzept des ortsunabhängigen Arbeitens in seiner extremsten Form: Sie arbeiten von überall auf der Welt und führen einen Lebensstil, der eher als nicht sesshaft zu bezeichnen ist. Damit ist der Berufsalltag von digitalen Nomad:innen für die meisten weit von der eigenen Berufsrealität entfernt. Lorenz Ramseyer ist Experte für ortsunabhängiges Arbeiten. Er erklärt, welche Chancen und Risiken diese Arbeitsweise birgt, und verrät Tipps für digitale Nomad:innen.

Was heisst Remote Work, digitale Nomad:innen und Workation? Drei Begriffe einfach erklärt

  • Remote Work (deutsch: Fernarbeit) bezeichnet eine ortsunabhängig ausgeführte berufliche Tätigkeit. Remote Work wird demnach nicht im Unternehmen erledigt, sondern komplett online von einem beliebigen Ort aus. Das kann zu Hause sein, im Zug, in einem Coworkingspace, in einem Café, in den Bergen oder an einem Strand.
  • Digitale Nomad:innen sind Menschen, die ortsunabhängig arbeiten und ihre Reisen mit ihrer beruflichen Tätigkeit verbinden.
  • sind Fernarbeiter:innen, die einen «nomadischen» Lebensstil pflegen.
  • Workation (Wortkombination aus «Work» und «Vacation») ermöglicht es Arbeitnehmer:innen, Arbeit und Ferien miteinander zu verbinden. Dieses Konzept wird unterschiedlich umgesetzt: Während die einen ihr tägliches Arbeitspensum verringern, wechseln andere wöchentlich zwischen Job und Freizeit ab. Die Dauer einer Workation kann von einigen Tagen über Wochen bis hin zu mehreren Monaten reichen, ist aber immer zeitlich begrenzt.

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Was sind eigentlich digitale Nomad:innen?

Lorenz Ramseyer: Digitale Nomad:innen sind Angestellte, Freelancer:innen oder Unternehmer:innen, die hauptsächlich mit digitalen Technologien arbeiten. Laptop, Smartphone und verschiedene Online-Applikationen sind ihre wichtigsten Arbeitsgeräte, ausser Strom und einer kabellosen Internetverbindung brauchen sie in der Regel keine Infrastruktur. Daher können digitale Nomad:innen überall arbeiten und führen oft ein ortsunabhängiges Leben oder haben mehrere Wohn- und Arbeitsorte. 

Ist das digitale Nomadentum also einfach ein neues Arbeitsmodell?

Nein, es ist weit mehr als das. Es ist ein eigener Lifestyle. Das Ziel der digitalen Nomad:innen ist es nicht, Millionär:in im herkömmlichen Sinn zu werden, sondern – wie ich es nenne – Zeit-Millionär:in. Zeit für Reisen, für Familie, für Freund:innen ist vielen digitalen Nomad:innen besonders wichtig.

Wen betrifft das ortsunabhängige Arbeiten überhaupt?

Über die Hälfte der Schweizer Arbeitnehmer:innen sind sogenannte Knowledge-Worker. Sie sind nicht an eine spezifische Arbeitsumgebung gebunden und hätten die Möglichkeit, ortsunabhängig zu arbeiten. Bereits ein Drittel davon tut das auch gelegentlich. Das digitale Nomadentum ist also nicht auf Freelancer:innen im Ausland beschränkt. Es lässt sich auch in den Alltag von Festangestellten integrieren: punktuell und in der Schweiz, zum Beispiel in Form einer Workation (Kombination von Arbeit und Urlaub) aus den Bergen.

Warum sollte ein Unternehmen in ortsunabhängiges Arbeiten investieren?

Um sich auf eine neue Arbeitswelt vorzubereiten. In Zukunft wird noch viel mehr ortsunabhängig gearbeitet werden. Führungspersonen und Angestellte werden anders kommunizieren, neue Kanäle und neue Zusammenarbeitsformen nutzen. Das muss man trainieren.

Ein Beispiel dafür ist das Innotour-Projekt «Good Work Schweiz». Als Remote-Work-Consultant helfe ich Tourismusdestinationen wie der Aletsch Arena und Gstaad dabei, das neue Geschäftsfeld «Remote Worker» erfolgreich zu erschliessen. Wir entwickeln sowohl Solo- als auch Team-Workations, die es Mitarbeitenden von Unternehmen ermöglichen, in einer neuen Umgebung zu arbeiten und gleichzeitig von Workshops und Networking-Möglichkeiten zu profitieren. Ziel ist es, die Attraktivität und Zufriedenheit der Mitarbeitenden zu steigern und die Produktivität zu fördern.

Spielt auch der ökologische Aspekt eine Rolle?

Ja, ortsunabhängiges Arbeiten kann den ökologischen Fussabdruck eines Unternehmens reduzieren, indem Pendelzeiten und Geschäftsreisen minimiert werden.

Welche Chancen birgt der Lebensstil der digitalen Nomad:innen?

Der Lebensstil der digitalen Nomad:innen bietet zahlreiche Chancen, wie die Möglichkeit, neue Kulturen zu erleben und ein globales Netzwerk aufzubauen. Zudem können sie ihre Arbeitsumgebung flexibel gestalten, was oft zu höherer Zufriedenheit und Produktivität führt. Unternehmen profitieren von der Diversität und den frischen Perspektiven, die digitale Nomad:innen mitbringen.

Und welche Risiken?

Zu den Risiken gehören Herausforderungen in Bezug auf Selbstdisziplin und Zeitmanagement, insbesondere bei der Arbeit in verschiedenen Zeitzonen. Es besteht auch die Gefahr der sozialen Isolation und der Schwierigkeiten, eine stabile Work-Life-Balance aufrechtzuerhalten. Zudem können rechtliche und steuerliche Unsicherheiten auftreten, wenn man in verschiedenen Ländern arbeitet.

Wie können digitale Nomad:innen eine gesunde Work-Life-Balance aufrechterhalten, insbesondere wenn sie in unterschiedlichen Zeitzonen arbeiten oder häufig reisen?

Digitale Nomad:innen sollten klare Arbeitszeiten festlegen und regelmässige Pausen einplanen, um ein Burnout zu vermeiden. Es ist auch wichtig, soziale Kontakte zu pflegen, sei es durch lokale Netzwerke oder Online-Communities, um Einsamkeit zu vermeiden. Strategien wie das Einrichten eines festen Arbeitsplatzes und das Nutzen von Co-Working-Spaces können ebenfalls helfen, eine gesunde Balance zu finden.

Angesichts der zunehmenden Cyberbedrohungen: Welche Sicherheitsmassnahmen sollten digitale Nomad:innen ergreifen, um ihre Daten zu schützen?

Wie in anderen IT-Berufen auch sollten digitale Nomad:innen stets VPNs (Virtual Private Networks) verwenden, um ihre Internetverbindungen zu sichern, besonders in öffentlichen Netzwerken. Regelmässige Softwareupdates und starke, einzigartige Passwörter sind ebenfalls essenziell. Zudem sollten sie auf Phishing-Angriffe achten und sensible Daten nur über verschlüsselte Kanäle teilen.

Wie hat sich der Schweizer Arbeitsmarkt in den letzten Jahren in Bezug auf ortsunabhängiges Arbeiten entwickelt?

Der Schweizer Arbeitsmarkt hat sich in den letzten Jahren verändert, insbesondere durch die Pandemie und den Fachkräftemangel, der viele Unternehmen zur Einführung flexibler Arbeitsmodelle gezwungen hat. Branchen wie IT, Marketing und Beratung sind dabei besonders fortschrittlich. Traditionelle Büros haben sich zu hybriden Arbeitsplätzen entwickelt, die sowohl der Zusammenarbeit als auch der sozialen Interaktion dienen.

Welche politischen Rahmenbedingungen sind erforderlich, um das ortsunabhängige Arbeiten zu fördern und gleichzeitig die Rechte der digitalen Nomad:innen zu schützen?

Viele digitale Nomad:innen sind als Freelancer:innen tätig und damit arbeitsrechtlich kaum geschützt. Sie müssen sich selber um ihre Vorsorge und ihre Versicherungen kümmern. Wir sind daher in Gesprächen mit Gewerkschaften und Berufsverbänden, wo wir genau solche Fragen diskutieren. Auch Steuern sind ein Thema: Grundsätzlich ist es so, dass Personen in dem Land, in dem sie arbeiten, steuerpflichtig sind. Es gibt aber Grauzonen: Zum Beispiel, wenn sich jemand in der Schweiz abmeldet, mit einem Touristenvisum in ein Land einreist und dort an digitalen Projekten arbeitet. Steuerbehörden sind meiner Meinung nach von diesen Formen der virtuellen Arbeit noch ein wenig überfordert.

Welche Fähigkeiten und Kenntnisse sind für digitale Nomad:innen in Zukunft besonders wichtig?

Digitale Nomad:innen sollten über starke Selbstmanagement- und Kommunikationsfähigkeiten verfügen. Technische Kenntnisse, insbesondere im Umgang mit Remote-Work-Tools und Cybersicherheit, sind ebenfalls essenziell. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sind entscheidend, um sich schnell an neue Umgebungen und Arbeitsbedingungen anzupassen.

Wie verändern KI-Tools und Automatisierung die Arbeitsweise von digitalen Nomad:innen?

KI-Tools und Automatisierung können digitale Nomad:innen dabei unterstützen, effizienter zu arbeiten, indem sie repetitive Aufgaben übernehmen und Datenanalysen in Echtzeit ermöglichen. Tools wie Chatbots, Projektmanagement-Software und automatisierte Marketinglösungen können den Arbeitsalltag erheblich erleichtern und mehr Zeit für kreative und strategische Aufgaben schaffen.

Welche Rolle spielen das Metaverse und virtuelle Arbeitsplätze für die Zukunft des ortsunabhängigen Arbeitens?

Das Metaverse und virtuelle Arbeitsplätze könnten die Zukunft des ortsunabhängigen Arbeitens revolutionieren, indem sie immersive und interaktive Arbeitsumgebungen bieten. Diese Technologien ermöglichen es, Meetings und Zusammenarbeit in einer virtuellen Realität durchzuführen, was die physische Distanz weiter überbrückt und neue Formen der Interaktion und Kreativität fördert.

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Über Lorenz Ramseyer

Lorenz Ramseyser

Lorenz Ramseyer ist Remote-Work-Consultant und Präsident des Vereins Digitale Nomaden Schweiz. Seit 2006 beschäftigt er sich intensiv mit dem Konzept des ortsunabhängigen Arbeitens und unterstützt Organisationen bei der erfolgreichen Umstellung auf Hybrid- oder Remote Work. Ursprünglich absolvierte er eine Lehrerausbildung und bildete sich später zum Informatik-Projektleiter weiter. Er erwarb einen MAS in Sozialinformatik und ist Geschäftsführer der Remote-Work-Agentur BERGSPITZ media.

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